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GRABSTEINGESTALTUNG

Die Gestaltung jüdischer Grabsteine ist ein Thema, das fast alle Bereiche der Kunstgeschichte umfasst und das daher hier nur in Grundzügen behandelt werden kann.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass jüdische Grabsteine in ihrer äußeren Form ähnlich, oft auch identisch gestaltet wurden wie die Grabmale der nichtjüdischen Umgebung, von Kreuzformen und Vollplastiken einmal abgesehen. Sämtliche Kunststile von Romanik und Gotik über Barock, Renaissance und dem Neoklassizismus bis hin zu modernen Einflüssen von Jugendstil und Art Déco lassen sich auch in jüdischen Grabsteinen wieder finden, wenn auch oft mit einer zeitlichen Verzögerung gegenüber den verbreiteten Strömungen in der Umgebungskultur.

MATERIAL
Die große Mehrzahl der jüdischen Grabmale hierzulande ist aus Stein gefertigt, oft aus jeweils einheimischem Sandstein. Doch haben sich auch Hinweise auf aus Holz gefertigte Grabmäler erhalten.

GESTALTUNG
Im Mittelalter findet man neben sorgfältig bearbeiteten Grabsteinen auch kaum bearbeitete, nur grob geglättete Findlinge.

Doch die meisten mittelalterlichen Grabsteine sind sorgfältig gearbeitet, haben oft vertiefte Schriftfelder und einen geraden oder geschwungenen oberen Abschluss.

Im Laufe der Zeit werden die Variationen der oberen Abschlüsse vielfältiger und die ersten Schmuckelemente treten auf, die Einflüsse allgemeiner Stilrichtungen (Romanik, Gotik) werden sichtbar. Doch bleiben über Jahrhunderte Grabsteine mit rundbogigem Abschluss am beliebtesten und die Kalligrafie wörtl. "die Kunst des Schönschreibens". Bei der Gestaltung jüdischer Grabsteine steht über Jahrhunderte die hebräische Schrift, die Gestaltung der einzelnen Buchstaben und ihre Gesamtwirkung, im Mittelpunkt. das vorherrschende Gestaltungsmerkmal und oft die einzige Zierde ansonsten schlicht gestalteter Steine.

Während zunächst die Grabsteine mit ihrem Fundament direkt im Boden standen, werden seit Anfang des 19. Jahrhunderts Grabsteinsockel immer häufiger, und bald werden auch die Grabstätten selbst eingefasst.

Auf großstädtischen Friedhöfen ist der Einfluss von Moden und jeweiligem Zeitgeschmack früher und deutlicher spürbar als auf abgelegenen Landfriedhöfen. Im Sinne des Grundsatzes der Gleichheit aller im Tode gab es auch Gemeinden, die großen Wert darauf legten, alle Grabsteine gleich oder ähnlich schlicht zu gestalten, unabhängig der gesellschaftlichen Stellung des Verstorbenen. Gleichzeitig wurden gerade auf den großstädtischen Friedhöfen neben kleinen schlichten Steinen auch große Familienerbbegräbnisstätten und Mausoleen errichtet, die weit über den Tod hinaus den hohen gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Rang der jeweiligen Familien demonstrieren sollten.

Die Gestaltung der Grabmale konnte auch ein Mittel sein, familiäre Verbundenheit auszudrücken.

Mit zunehmender Vielfalt in der Grabmalgestaltung und Einfluss moderner Kunststile und Moden häuften sich seit Ende des 19. Jahrhunderts innerjüdische Stimmen, die eine Rückbesinnung auf die traditionellen jüdischen Grabmalformen forderten. Und häufig nehmen gerade die jüngsten Grabsteine eines Friedhofs, vor allem seit der NS-Zeit, die schlichten Formen alter jüdischer Grabsteine wieder auf.

Im 19. Jahrhundert wurde es vielerorts üblich, alte verwitterte Grabsteine zu restaurieren oder durch neue zu ersetzen. Meist wurde dabei auch eine Widmungsinschrift angebracht.

GEDENKSTEINE - Gefallenendenkmale und Soldatengräber
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden auf vielen Friedhöfen, insbesondere größerer Gemeinden, die viele gefallene jüdische Soldaten zu beklagen hatten, Denkmäler für die Gefallenen gesetzt, die vom Selbstverständnis der Gemeinden zeugen und oft von bekannten Künstlern und Bildhauern gestaltet wurden.

Manche Soldaten erhielten einen eigenen Grabstein, manchmal auch nur Gedenkstein, und einzelner Soldaten wird auch auf Grabsteinen von Angehörigen gedacht.

GEDENKSTEINE AUS DER NACHKRIEGSZEIT
Häufig wurden nach dem Krieg auf den jüdischen Friedhöfen Gedenksteine für die Opfer des Nationalsozialismus gesetzt.

Auf Friedhöfen, die während der NS-Zeit geschändet oder zerstört wurden, konnten, meist von jüdischer Seite, entsprechende Gedenksteine errichtet werden.