EINE EINFÜHRUNG FÜR LEHRER UND SCHÜLER    

EINFÜHRUNG

Einleitungstext Die vorliegenden Materialien sind für Lehrer aller Schularten gedacht, die sich in ihrem Unterricht mit dem Thema "Jüdischer Friedhof" befassen wollen. Sie vermitteln das nötige Basiswissen für einen Einstieg in diese Thematik mit Schülern schon ab dem Grundschulalter.

Es gibt heute noch über 2.000 jüdische Friedhöfe in Deutschland. Vielerorts sind sie die letzten sichtbaren Zeugnisse eines einst blühenden jüdischen Lebens auf deutschem Boden. Da die meisten christlichen Friedhöfe nach einiger Zeit abgeräumt und wiederbelegt wurden, sind sie vor Ort oft auch die einzigen Zeugnisse der Friedhofskultur einer vergangenen Epoche.

Ein Friedhofsbesuch mit Schülern kann deshalb einen Einstieg in ganz verschiedene Themen bieten, von der Lokalgeschichte der christlichen und der jüdischen Gemeinden bis zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus am Heimatort, einer Beschäftigung mit dem Judentum an Hand der noch sichtbaren Spuren und Zeugnisse zu Fragen über Sterben, Tod und den Umgang mit dem Sterben im Christentum und Judentum, zu Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen diesen beiden Religionen, bis hin zu kunsthistorischen Fragestellungen.


Betritt man einen jüdischen Friedhof, so erschließt sich der hohe Aufforderungscharakter, den dieser Lernort besitzt, dem unbefangenen Betrachter, insbesondere auch jüngeren Schülern, meist sofort. So springt zum Beispiel die Frage nach den unbekannten Schriftzeichen ins Auge und fordert zu einer ersten Auseinandersetzung mit der Entwicklung von Schrift auf, bis hin zu den Menschen, die diese Schrift benutzten.

Jüdische Friedhöfe können ein sehr unterschiedliches Bild bieten, von den großen, oft verwunschen anmutenden Friedhöfen schwäbischer Landgemeinden mit reicher Symbolik und Ornamentik bis hin zu den kleinen, eher nüchternen Friedhöfen in Nordwestdeutschland, von den bis ins Mittelalter zurückreichenden Stätten in Frankfurt am Main und Worms bis zu den großstädtischen Friedhöfen des 19. und 20. Jahrhunderts mit ihren monumentalen Familiengrabstätten. Die folgenden Informationen sollen dem begleitenden Lehrer den Zugang zu den für den jeweiligen Friedhof relevanten Aspekten ermöglichen, auf die Vielschichtigkeit der zu erforschenden "Spuren" verweisen und die Scheu vor dem Umgang auch mit den hebräischen Inschriften nehmen.

Das vorliegende Material soll es dem Lehrer ermöglichen, eine auf den jeweilig zu behandelnden Friedhof zugeschnittene und der Altersgruppe der Kinder entsprechende Materialsammlung zusammenzustellen. Die folgenden Seiten sind in verschiedene Themenbereiche gegliedert. Die wichtigsten Informationen zu einem Thema sind jeweils kurz zusammengefasst, bieten aber gleichzeitig die Möglichkeit, weiter zu lesen und sich eingehender zu informieren. Viele bebilderte Beispiele ergänzen den Text und erleichtern das Verständnis. Zu einzelnen Themen oder Themenkomplexen werden kleine Übungen und ein Katalog möglicher Fragen angeboten, die die Herangehensweise an ein Thema mit Schülern erleichtern sollen. Einige ausgearbeitete Unterrichtsvorschläge und Beispiele von Projekten, die bereits mit Schülern durchgeführt wurden, bieten einen Einblick in eine mögliche Umsetzung im Unterricht.

Im Folgenden sind einige Ziele aufgeführt, die sich durch Erforschung und Beschäftigung mit dem jüdischen Friedhof vor Ort für Kinder und Jugendliche erschließen lassen:
• Kinder lernen Juden als Menschen kennen, die zur Zeit ihrer Vorfahren in ihrer Heimat
  auch schon zu Hause waren. Was sich gegebenenfalls an weiteren Zeugnissen in
  ihrem Heimatort ablesen lässt.
• Kinder sehen die Schriftzeichen der hebräischen Sprache - ein Anlass, die
  Entwicklung der Schrift zu erkunden.
• In Namen und Symbolen sind die Personen aus der hebräischen Bibel (Altes
  Testament) präsent und Ursprung und Verwandtschaft zum Christentum werden
  sichtbar.
• Jeder Mensch hat einen Namen! Was Namen verraten, aussagen, erzählen, ist
  spannend - sowohl bei Vornamen als auch bei Familiennamen.
• Der jüdische Kalender zeigt den Kindern eine weitere Zeitrechnung. Zeitrechnung als
  solche wird somit als ein von menschlichen Überlegungen und Vorstellungen
  entwickeltes Konstrukt erfahrbar.
• Trauersymbole und Grabgestaltung, Formen des Trauerns, Formen des Gedenkens
  werden wahrgenommen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Gewohntem
  festgestellt.