EINE EINFÜHRUNG FÜR LEHRER UND SCHÜLER    

DER JÜDISCHE KALENDER

Das Bedürfnis der Menschen ihre Zeit einzuteilen, sowohl die vergangene, als auch die zukünftige Zeit, ist uralt. So verwendete man schon seit dem 4. Jahrtausend vor unsere Zeitrechnung in Ägypten ein Sonnenjahr mit 365 Tagen.

Unsere Zeitrechnung ist heute die für die Welt allgemein übliche und verbindliche Zeitrechnung. Man nennt sie auch die christliche bzw. bürgerliche Zeitrechnung. Bei dieser Zeitrechnung beginnt das Jahr 2009 am ersten Januar. "Christliche Zeitrechnung" sagt man, weil sie auf das vermutete Jahr von Christi Geburt zurückgeht.

Der alte Römische Kalender war ursprünglich ein von den Griechen übernommener Mondkalender, der in unregelmäßigen Abständen an das Sonnenjahr angepasst wurde. Dies führte zu so großen Schwierigkeiten, dass Julius Caesar bei dem ägyptischen Astronomen Sosigines einen neuen Kalender in Auftrag gab. Der neue Kalender trat im Jahre 45 vor Christi Geburt in Kraft und wurde später Julius Caesar zu Ehren der JULIANISCHE KALENDER genannt. Er bestand aus 12 Monaten mit je 30 oder 31 Tagen, wie auch heute noch üblich.

Aber trotzdem entspricht die heute verbindliche Zeitrechnung nicht mehr völlig dem julianischen Kalender. Das julianische Jahr ist gegenüber dem Sonnenjahr um 11 Minuten zu lang. Dies führte zu einer zunehmenden Abweichung vom Sonnenlauf, die im 14. Jahrhundert schon mehr als sieben Tage betrug. Deshalb führte Papst Gregor im Jahre 1582 den GREGORIANISCHEN KALENDER mit einer verbesserten Schaltregel ein. Diese besagt, dass volle Jahrhunderte wie 1700, 1800, 1900 nur dann Schaltjahre sind, wenn sie durch 400 teilbar sind. Daher war das Jahr 2000 ein Schaltjahr, das Jahr 1900 aber nicht. Da der veränderte Kalender vom Papst eingeführt wurde, benutzten ihn zunächst nur die römisch-katholischen Staaten. Dies führte nach 1582 in konfessionell gemischten Ländern wie zum Beispiel Deutschland zu einem Kalenderchaos.

So kam es, das neben der heute weltweit verbindlichen Zeitrechnung, die ja inzwischen den gregorianischen Kalender benutzt, im religiösen Bereich in den verschiedenen Ländern immer noch Glaubensgemeinschaften gibt, die dem julianischen Kalender auch weiterhin folgen, wie die orthodoxe Kirche, oder aber nebenher noch eigene Kalendersysteme benutzt, wie die Chinesen und die Muslime.

Auch die Juden, als religiöse Gemeinschaft, haben eine eigene Zeitrechnung und einen eigenen Kalender. Für sie hat Ende September 2008 ein neues Jahr begonnen. Es ist das Jahr 5769 seit Erschaffung der Welt.

Der JÜDISCHE KALENDER  basiert auf dem Lunisolarjahr, einem kombinierten Sonnen- und Mondjahr. Ein Jahr besteht in der Regel aus zwölf Mondmonaten von 29 - 30 Tagen. Um die dadurch entstehende Differenz von etwa elf Tagen zum Sonnenjahr auszugleichen, wird das jüdische Jahr in einem Zeitraum von 19 Jahren nach festen Regeln siebenmal um einen 13. Schaltmonat ergänzt: Nach dem ins Frühjahr fallenden Adar wird ein weiterer Monat eingeschoben, der "zweite" Adar, auch Weadar.

Das Kalenderjahr beginnt mit dem Monat Tischri, der mit September/Oktober der christlichen Zeitrechnung zusammenfällt. Die Tage beginnen mit Sonnenuntergang und haben - bis auf den Schabbat - keine eigenen Namen. Sie werden mit dem Zahlenwert der ersten sechs Buchstaben des → hebräischen Alphabets wiedergegeben.

Die Woche beginnt mit Einbruch der Dunkelheit am Samstag abend, Moza'ei Schabbat, dem "Ausgang des heiligen Schabbat". Demnach ist Sonntag der 1. Tag der jüdischen Woche, Montag der 2. Tag, usw. Eine besondere Bedeutung kommt neben dem Schabbat auch dem 6. Tag der Woche zu, dem Freitag: Er wird meist als Erew Schabbat Kodesch, als "Vorabend" oder "Rüsttag des heiligen Schabbat" bezeichnet. "Vorabende" oder "Rüsttage" nennt man Tage vor einem Feiertag, an denen alles vorbereitet werden soll, was am Feiertag religionsgesetzlich zu tun verboten ist.

Die jüdische Zeitrechnung beginnt mit Erschaffung der Welt. Diese wird, etwa biblischer Chronologie entsprechend, auf das Jahr 3760 vor der christlichen Zeitrechnung datiert. So entspricht zum Beispiel das jüdische Jahr 5769 dem Jahr 2008-09 christlicher Zeitrechnung. Bei der Umrechnung der Daten muss man dabei beachten, dass das jüdische Jahr im Herbst beginnt.

Die Jahreszahl wird durch den Zahlenwert der Buchstaben des hebräischen Alphabets wiedergegeben, wobei der Tausender oft weggelassen und durch den Zusatz der kleinen Zählung לפ"ק ergänzt wird.

DIE FEST- UND FEIERTAGE
Das Datum kann auch durch die an die Jahreszeiten gebundenen Fest- und Feiertage wiedergegeben werden: Das erste der drei so genannten "Wallfahrtsfeste" ist PESSACH im Monat Nissan (März/April), das zum Gedenken an den Auszug aus Ägypten gefeiert wird und acht Tage dauert. Die ersten und letzten beiden Tage dieses Festes sind hohe Feiertage, die Tage dazwischen "Zwischenfeiertage", "Halb-" oder "Mittelfeiertage". Der letzte Schabbat vor PESSACH wird SCHABBAT HAGADOL genannt, der "große Schabbat".

Auf den 6. und 7. Sivan fällt das zweitägige "Wochenfest" SCHAWOUT. Ursprünglich nur Erntedank- und Wallfahrtsfest, wurde es später zur Erinnerung der Offenbarung der Tora am Sinai und der Berufung Israels als Gottesvolk gefeiert.

LAG BA 'OMER, der 33. Tag der "Omer-Zählung" in der Trauerzeit zwischen den Festen PESSACH und SCHAWUOT wird als Halbfeiertag festlich begangen. An diesem Tag soll das Sterben unter den Schülern des Rabbi Akiba (1.-2. Jhd. n.d.Z.) an einer Seuche nach 33 Tagen aufgehört haben.

Das neuntägige Laubhüttenfest SUKKOT, das abschließende Erntedankfest, beginnt am 15. des Monats Tischri (mit fünf Zwischenfeiertagen, wie an PESSACH). Es wird gefeiert in Gedenken an die Sukkot, die Hütten, in denen das Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten lebte. Die letzten drei Tage dieses Festes haben eigene Namen: HOSCHANA RABBA ist der Tag, an dem die Entscheidung über die Gewährung des Regens für das kommende Jahr fällt und somit das göttliche Gericht, das am Neujahrsfest einsetzt, sich vollendet. SCHEMINI AZERET ist das "Beschlussfest" des Laubhüttenfestes, der Abschied von der Laubhütte. Auf den 23. Tischri fällt SIMCHAT TORA, die "Torafreude", der Tag, an dem die Beendigung und der Neubeginn des einjährigen Lesezyklus' der Tora, der fünf Bücher Mose, fröhlich begangen wird.

Jeweils der erste Tag nach diesen drei hohen Festen, der "Nachfeiertag", wird ISSRU CHAG genannt, der Tag des Ausgangs des Festes (wörtlich "Bricht das Festopfer" nach Psalm 118,27).

Ein weiterer hoher Feiertag ist ROSCH HASCHANA, das zweitägige Neujahrsfest (1. u. 2. Tischri) (September/Oktober), das die im Mittelpunkt des religiösen Jahres stehenden JAMIM NORA'IM, die zehn Bußtage eröffnet. Diese schließen mit dem 10. Tischri, dem JOM KIPPUR (oder Jom Hakippurim), dem Versöhnungstag, der strengste und feierlichste Buß- und Fasttag des liturgischen Jahres. Der Tag nach dem Neujahrsfest ist ein Fasttag namens ZOM GEDALJA , das "Gedalja-Fasten", in Erinnerung an die Ermordung des Gedalja, des von Nebukadnezar nach der Zerstörung Jerusalems eingesetzten Statthalters (2 Könige 25,25f.; Jeremia 41,1ff.). In Zusammenhang damit stehen auch die Fasttage am 10. Tewet, dem Tag, an dem die Belagerung Jerusalems durch Nebukadnezar begann, und der 17. Tammus, an dem das babylonische Belagerungsheer die Stadtmauer von Jerusalem durchbrach.

Der wichtigste Trauer- und Fasttag ist der 9. AW, Gedenktag der Zerstörung der zwei Jerusalemer Tempel, der erste im Jahr 586 v.d.Z. v.d.Z. – „vor der Zeitrechnung“, d.h. vor dem Jahr 0 des christlichen Kalenders. durch Nebukadnezar, der zweite im Jahr 70 n.d.Z. n.d.Z. – „nach der Zeitrechung“, d.h. nach dem Jahr 0 des christlichen Kalenders. durch die Römer. Der erste Schabbat nach diesem Tag wird SCHABBAT NACHAMU genannt, nach dem ersten Wort der Haftara, der wöchentlichen Prophetenlesung, Jesaja 40, 1-27: "Tröstet, tröstet mein Volk ...". Entsprechend kann auch der ganze Monat Aw mit dem Namen Menachem, "Tröster", bezeichnet werden.

Ein historisches Fest ist das achttägige CHANUKKAfest, das nachbiblische "Tempelweihefest" im Monat Kislev (November/Dezember) in Erinnerung an die Neuweihe des zur Zeit der syrischen Religionsverfolgung entweihten Tempels in Jerusalem und damit an die Siege der Makkabäer.

Biblisch ist das fröhliche PURIMfest im Adar (Februar/März), zur Erinnerung an die im Buch Esther berichtete Errettung des jüdischen Volkes vor drohender Vernichtung im persischen Reich. Der zweite Purimfesttag wird auch SCHUSCHAN PURIM genannt, der Tag vor PURIM ist ein Fasttag namens TA'ANIT ESTHER. In einem Schaltjahr wird PURIM im zweiten Adar begangen, die entsprechenden Tage im ersten Adar heißen PURIM KATAN, das "kleine Purim". Festlich begangen wird auch der 15. Schwat, das "Neujahrsfest der Bäume".

Eine weitere Möglichkeit, ein Datum wiederzugeben - vor allem, wenn dieses Datum auf einen Schabbat fällt -, ist durch die Nennung des Namens des Wochenabschnittes der Tora gegeben, der PARASCHA (Perikope), deren Lesung an diesem Schabbat beendet wird. Außerdem werden gern die Anfänge eines jeden Monats, die Neumondtage, hervorgehoben, auch sie Halbfeiertage.

Hilfen für die Umrechnung des jüdischen in den bürgerlichen Kalender finden sich im Internet, z.B. das kostenlose "kaluach" (zum Download): http://www.kaluach.org/