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Im 20. Jahrhundert widmeten sich auch jüdische Künstler dem Thema Grabmalgestaltung. Ein bekanntes Beispiel ist der Düsseldorfer Künstler Leopold Fleischhacker (1882-1946), der fast 250 Grabmale auf zwanzig jüdischen Friedhöfen an Rhein und Ruhr gestaltet hat.
Leopold Fleischhacker wurde 1882 im hessischen Felsberg geboren und verbrachte seine Kindheit in Siegburg und Düsseldorf.
1897-1902 besuchte er die Düsseldorfer Kunstgewerbeschule, 1903-1905 die Berliner Kunstakademie. Mit einem Stipendium der
"Michael-Beer-Stiftung" verbringt er ein Jahr in Italien, arbeitet danach in Düsseldorf als Assistent von August Bauer und
macht sich dann selbständig. Teilnahme an zahlreichen Wettbewerben und öffentlichen Ausschreibungen. Nach 1933 muss er sich
auf private jüdische Aufträge beschränken. Nach der Verwüstung seines Ateliers im November 1938 floh Leopold Fleischhacker
nach Belgien und lebte im Untergrund. Nach der Befreiung eröffnete er in Brüssel ein eigenes Atelier. 1946 starb er plötzlich und unerwartet.
In den von Leopold Fleischhacker gestalteten Grabmalen lassen sich Einflüsse von Jugendstil, Art Déco,
Neuer Sachlichkeit und Bauhaus finden. Sie bestechen besonders durch Fleischhackers sorgfältigen und
gekonnten Umgang mit der Beschriftung, der Eleganz und Ausgewogenheit der Typografie, insbesondere auch der hebräischen Lettern.
Bildbeispiele von links nach rechts:
Jüdischer Friedhof Kempen, Grabstein für Caroline Rath geb. Kaufmann und Salomon Rath, gest. 1913
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Rosa Gompertz geb. Spanier, gest. 1916
Jüdischer Friedhof Kempen, Grabstein für Sibylla Rath geb. Goldschmidt, gest. 1916, und Abraham Rath, gest. 1929
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Moritz Hirsch, gest. 1926
Bildbeispiele von links nach rechts:
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Moritz Bayerthal, gest. 1931
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Ernst Reiss, gest. 1932
Jüdischer Friedhof Mönchengladbach, anonymisiertes Grabmal (Isidor Friedländer, gest. 1932?)
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Lazarus Falk, gest. 1932, und Mina Falk geb. Lieben, gest. 1935
Bildbeispiele von links nach rechts:
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Dr. Josef Strauss, gest. 1935
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Grete und Anneliese Herz, gest. 1936
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Leo Eichwald, gest. 1936
Jüdischer Friedhof Mönchengladbach-Wickrath, Grabstein für Gretel Spier geb. Bodenheim, gest. 1936
Bildbeispiele von links nach rechts:
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Lise Nassau, gest. 1937
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Max Leven, gest. 1937, und Gertrud Leven geb. Schmeyer, gest. 1940
Fleischhacker
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Lina Kamm geb. Hellmann, gest. 1937
Bildbeispiele von links nach rechts:
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Ernst Ransenberg, gest. 1937
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Sophie Weil geb. Marx, gest. 1938
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Bernhard Elkan, gest. 1938
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Norbert Bloch, gest. 1938
Bildbeispiele von links nach rechts:
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Siegmund Lilienfeld, gest. 1938
Literatur:
Brocke, Michael: Leopold Fleischhacker im Kontext jüdischer Sepulkralkunst. Frau Lotte Fleischhacker zur Vollendung ihres 97. Geburtstages gewidmet. In: Augenblick, Nr. 5 (1993), S.7-13
Kluth, Stephanie: Leben und Werk des deutsch-jüdischen Künstlers Leopold Fleischhacker (1882--1946). In: Brocke, Michael / Pomerance, Aubrey / Schatz, Andrea (Hg.): Neuer Anbruch. Zur deutsch-jüdischen Geschichte und Kultur. Berlin: Metropol 2001. 339 S.
Brocke, Michael: Steine zwischen Tod und Leben. Ausstellung von Arbeiten Leopold Fleischhackers in Duisburg. 1988. In: AJW, 43.1988.19, 13.5.1988.5--6.
Der in Dortmund geborene Bildhauer Benno Elkan (1877-1960) begann sein künstlerisches Schaffen mit der Gestaltung von Grabdenkmälern.
Benno Elkan wurde 1877 in Dortmund geboren und verbrachte dort seine Kindheit. Im Dezember 1897 bereitete er sich an der privaten Kunstschule von Walter Thor in München auf die Aufnahme an die Kunstakademie vor, wo er 1898 sein Studium aufnahm, das er nach seinem Militärdienst 1901 in Karlsruhe fortsetzte. 1903 begann er, sich der Bildhauerei zu widmen und schuf erste Arbeiten auf dem Ostenfriedhof in Dormund. 1905 ging er nach Paris, wo er unter anderem mit Auguste Rodin in Kontakt stand, 1908 bis 1911 lebte er in Rom, wo er intensiv die Bildhauerei der Renaissance studierte und mehrere Studienreisen unternahm. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland lebte er bis 1919 in Alsbach an der Bergstraße und zog dann nach Frankfurt am Main, wo er Vorsitzender des Künstlerrates wurde. Inzwischen hatte er sich als Bildhauer einen Namen gemacht und schuf zum Beispiel für Frankfurt und Völklingen Denkmale für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Ab 1933 wurden viele seiner Arbeiten aus dem öffentlichen Raum entfernt, er selbst bekam Berufsverbot auferlegt und begann daher, mit seiner Familie die Emigration vorzubereiten. 1934 zog er nach London, wo er künstlerisch schnell Fuß fassen konnte. 1960 starb er in London. Sein Lebenswerk und heute zugleich seine bekannteste Arbeit ist die große Menora,Die Menora, der siebenarmige Leuchter, ist eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums und geht zurück auf den Leuchter im biblischen Tempel (Beschreibung: Exodus 25,31-40). Sie wurde mit der Staatsgründung Israels in das Staatswappen aufgenommen. In der Antike ist die Darstellung der Menora häufiger auf jüdischen Grabsteinen zu finden, hierzulande jedoch erst im 20. Jahrhundert. die er 1956 fertig stellte und die als Geschenk der Briten an Israel übergeben wurde. Seit 1966 steht sie vor dem Eingang der Knesset, dem israelischen Parlament.
Bildbeispiele von links nach rechts:
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Mathias Hertz, gest. 1905, und Louise Hertz geb. Simons, gest. 1923
Neuer jüdischer Friedhof Krefeld, Grabstein für Aron Oppenheimer, gest. 1903, und Johanna Oppenheimer geb. Philips, gest. 1909
Jüdischer Friedhof Mönchengladbach-Wickrath, "Stein der Klage" für die Familie Wettendorf, 1911/12 (1+2)
Bildbeispiele von links nach rechts:
Jüdischer Friedhof Mönchengladbach-Wickrath, "Stein der Klage" für die Familie Wettendorf, 1911/12
Ostfriedhof Dortmund, Grabmal der Ilse Schmidt, 1910
Ostfriedhof Dortmund, Grabskulptur Persephone
Die von Benno Elkan geschaffene Menora vor der Knesset
Der aus Laupheim stammende Künstler Friedrich Adler (1878-1942) hat vom Jugendstil, Art Déco und Moderne beeinflusste Grabsteine auf den jüdischen Friedhöfen in Laupheim, Ulm, Göppingen und Hamburg-Ohlsdorf gestaltet.
Die von Adler entworfenen Grabmale auf dem jüdischen Friedhof Laupheim demonstrieren in anschaulicher Weise seinen künstlerischen Werdegang, von Jugendstil über Art Déco zu den schlichten, klaren Formen der 20er und 30er Jahre. Viele zeigen in Konzept wie im Detail Gemeinsamkeiten mit seinen Werken aus anderen Kunstbereichen. Gleichzeitig drücken sie Adlers enge Verbundenheit mit seiner jüdischer Herkunft, seiner Familie und seiner Geburtsstadt Laupheim aus.
Friedrich Adler wurde am 29. April 1878 in Laupheim geboren. 1894-1898 besuchte er die Königliche Kunstgewerbeschule in München. 1902 schreibt er sich als erster Schüler in das neu gegründete Lehr- und Versuchsatelier für angewandte und freie Kunst von Hermann Obrist und Wilhelm von Debschitz in München ein und war dort bereits seit 1903 als Lehrer und Leiter der Werkstatt für Stukkatur- und Architekturplastik tätig. 1907 nahm Adler seine Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule, der späteren Landeskunstschule in Hamburg auf. Von 1910 bis 1913 leitete Adler zusätzlich in den Sommermonaten die Meisterkurse am Bayrischen Gewerbemuseum in Nürnberg.
Nach seinem Frontdienst im Ersten Weltkrieg zeichnet sich in seiner künstlerischen Entwicklung ein Wandel ab. Schon in seinen letzten Jahren in München hatte Adler sich vom in seiner Endphase vom Jugendstil abgewandt. Er beschäftigt sich nun intensiv mit dem Stoffdruck, insbesondere der Neubelebung des aus Java stammenden Batik-Drucks. Ein von ihm entwickeltes Wachsdruckverfahren wird 1926 in Deutschland und den USA patentiert, und Adler gründet ATEHA, die "Adler Textildruckgesellschaft Hamburg".
Stets seiner jüdischen Herkunft bewusst, hat sich Friedrich Adler im Laufe seines langjährigen künstlerischen Schaffens auch intensiv mit der Gestaltung jüdischen Kultgeräts beschäftigt. Davon zeugen neben vielseitigem Design von Kultgerät auch die Architektur und Inneneinrichtung von Synagogen. So stammte von ihm zum Beispiel ein in der Pogromnacht mit der Laupheimer Synagoge zerstörtes Glasfenster mit der Darstellung der zwölf Stämme Israels. Auch die Grabsteine auf dem Laupheimer jüdischen Friedhof zeugen von seiner Auseinandersetzung mit dem jüdischen Erbe: Durch die Verbindung traditioneller jüdischer Grabmalformen mit Elementen von Jugendstil, Art Déco und Moderne schuf er dort Denkmäler, die bis heute durch ihre Gestaltung bestechen.
Nach vielen, auch internationalen Ausstellungserfolgen wird Adler schließlich 1927 an der Kunstgewerbeschule in Hamburg zum Professor ernannt. Doch dieser Erfolg sollte ihm nicht lange vergönnt sein. Die Nationalsozialisten bereiten seiner Karriere ein abruptes Ende: 1933 wird Adler entlassen und zwangspensioniert. Auch Ausstellungen waren nun nicht mehr möglich. Doch als angesehener Kunstprofessor und Teilnehmer am Ersten Weltkrieg glaubte Adler sich fälschlicherweise in Deutschland sicher, während seine Frau und seine Kinder Deutschland verließen.
Am 11. Juli 1942 wurde Friedrich Adler mit einem Sammeltransport in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet. Sein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.
Bildbeispiele von links nach rechts:
Friedrich Adler im Alter von zwei Jahren zwischen seinen Brüdern Edmund (links) und Jakob (rechts), Laupheim 1880
Friedrich Adler in Hamburg 1933
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Max Haymann, 1908
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Rebekka Lämmle, um 1920
Bildbeispiele von links nach rechts:
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Isidor Adler, 1916
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Karoline Bernheim, 1924
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Anton Bergmann, 1912
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Willy Bergmann, 1925
Bildbeispiele von links nach rechts:
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Hugo Hofheimer, 1928
Jüdischer Friedhof Laupheim, Grabmal für Moritz Einstein, 1926
Jüdischer Friedhof Laupheim, Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges
Literatur:
Laurie A. Stein: Grabmalkunst, in: Spurensuche: Friedrich Adler zwischen Jugendstil und Art Déco. Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Brigitte Leonhardt u.a., Stuttgart 1994, S. 130-137
Ernst Schäll: "Friedrich Adler (1878-1942). Ein Künstler aus Laupheim", in: Schwäbische Heimat 1 (1981), S. 46-61
Ernst Schäll: "Friedrich Adlers Lebensgeschichte im Überblick", in: Spurensuche: Friedrich Adler zwischen Jugendstil und Art Déco. Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Brigitte Leonhardt u.a., Stuttgart 1994, S. 20-33
Ernst Schäll: Friedrich Adler. Leben und Werk. Bad Buchau 2004
Maike Bruhns: "Friedrich Adlers Leben nach 1933", in: Spurensuche: Friedrich Adler zwischen Jugendstil und Art Déco. Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Brigitte Leonhardt u.a., Stuttgart 1994, S. 82-93
Nathanja Hüttenmeister, Der jüdische Friedhof Laupheim. Eine Dokumentation, Laupheim 1998, S. 55-61